Harry Leupold wuchs in Dresden Neustadt auf. Er besuchte bis zur deren Schließung die Jüdische Schule nahe der Brühlschen Terrasse am Altstadtufer. Sein Vater Alfred Leupold (*1894) wurde 1942 in Tschechien im Zuge der Euthaniegesetzgebung durch die Nazi umgebracht.
Harry wurde der Vertraute seiner Mutter Linda (1901-1982) und übernahm die Versorgerrolle für seine zwei jüngeren Brüder, von den der jüngste, Aron, 1947 in Bad Schandau in der Elbe an Herzschlag starb. Andere Familienangehörige waren in Konzentrationslager nach Auschwitz und Sachsenhausen verschleppt worden. Harrys langjähriger Jugendfreund aus der Nachbarschaft hieß Wolfgang Andrechs, der nach dem Krieg in Russland umkam. Eine der glücklichsten Zeiten Harrys jugendlichen Leben war die Zeit der „Walze“ nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Er wanderte mit seinem gleichnamigen Freund Harry 1948 von Kap Arkona bis zum Bodensee, wo er bei der Malerfirma Leonhards auf der Insel Reichenau als Geselle längere Zeit arbeitete. Der Familie Leonards blieb er zeitlebens in Freundschaft verbunden, auch wenn die eingeschränkten Reisemöglichkeiten nach der Teilung Deutschlands von 1961 bis 1989 nur einseitige Besuche zuließen. Am 17. Juni 1953 bestand Harry an der Kunsthochschule in Berlin Weißensee die Aufnahmeprüfung und studierte Bühnenbild. Das Zeichnen lag ihm, insbesondere perspektivische Darstellungen für Bühne und Spielräume. Besonders angezogen fühlte er sich von neorealistischen Filmen, wie Fahrraddiebe (Regie: de Sica) und La Strada (Regie: Fellini), welche sich realitätsnah und sozialkritisch den Geschichten der Menschen gerade auch aus ärmeren Schichten widmeten. Die Szenenbilder sollten Spuren des „gelebten Lebens“ (Zitat Harry Leupold) aufweisen. Seine Vorliebe galt den Farben der italienischen Künstler: Pompejanisch Rot und Siena Braun gehörten dazu. In der Hochschule in Weißensee lernte er die Modestudentin Willfriede Lotz (1922-2012) aus Lübtheen kennen, sie heirateten 1958 und bekamen drei Kinder: Matthias *1959 (www.matthiasleupold.com), Christiane und Mirjam, Zwillinge *1962. Fast fünfzig Jahre lebten sie im Prenzlauer Berg im Kiez zwischen Schönhauser, Storkower und Greifswalder Straße bevor sie als Rentner auf ihr Grundstück nach Erkner in die Freiligrathstraße zogen. Harry Leupold fühlte sich in der DDR zu Hause – die innerdeutsche Mauer fühlte sich für ihn wie ein sicherer Schutz an. Politisch stand er bis 1946 der Sozialdemokratie nahe und war dann Mitglied der SED, auch als sie dann in PDS umbenannt wurde. Er engagierte sich in der Gewerkschaft für kollegiale Belange und nahm regelmäßig an den Übungen der Kampfgruppe der DEFA teil. Als sein Sohn Matthias 1982 von der Staatssicherheit verhaftet wurde und im Zuge der darauffolgenden Ereignisse 1986 nach Westberlin übersiedelte, brach für ihn eine Welt zusammen. Trotz bestehender Verbote traf er sich mit ihm mehrfach bei Dienstreisen ins „nichtsozialistische Ausland“ u.a. in Bern, Westberlin und Hamburg. 1989 erlebte er den Fall der Berliner Mauer. Das DEFA-Studio, seine zweite Heimat, löste 1991 viele Verträge bevor es 1992 verkauft wurde. 62jährig musste Harry Leupold sein langjähriges Atelier im DEFA-Studio für Spielfilme in Babelsberg kurz vor Renteneintritt räumen. Die Angst und Unsicherheit, die seine Jugend überschattet hatten, kehrten zurück. ml
Bildunterschrift: Familie Leupold, 1944 Dresden Neustadt, Alaunplatz, v.l.n.r. Harry (1928-2013), Linda (1901-1981), Aron (1934-1947), Hans (1930-2017)
Harry Leupold grew up in Dresden Neustadt. Until its closure, he was educated at the Jewish School near the Brühlsche Terrasse on the banks of the Old Town. His father Alfred Leupold (*1894) was murdered in Czechia 1942 as part of the Nazi euthanasia program. Harry became the confidant of his mother Linda (1901-1982) and took over the role of provider for his two younger brothers, the youngest of whom, Aron, died of a heart attack in 1947 in Bad Schandau in the Elbe. Other family members had been deported to concentration camps (Auschwitz und Sachsenhausen). Harry’s longtime childhood friend from the neighbourhood was Wolfgang Andrechs, who died in Russia after the war. One of the happiest periods of Harry’s youth were his „journeyman years“ after the end of the Second World War. In 1948 he hiked with his friend of the same name Harry from Cape Arkona to Lake Constance, where he worked as a journeyman for a long time at Leonhard’s painting company on the island of Reichenau. He remained a lifelong friend of the Leonards family, even though the limited travel opportunities after the division of Germany from 1961 to 1989 allowed only one-way visits. On 17th June 1953 Harry passed the entrance examination at the Berlin Weißensee Art Academy and studied stage design. Drawing was his speciality, especially perspective representations for stage and playrooms. He was particularly attracted to neo-realist films such as Bicycle Thieves (directed by de Sica) and La Strada (directed by Fellini) and the colours of Italian artists: Pompeian red and Siena brown were among them. Here he met the fashion student Willfriede Lotz (1922-2012) from Lübtheen, they got married in 1958 and had three children: Matthias *1959 (www.matthiasleupold.com), Christiane and Mirjam, twins *1962. They lived for almost fifty years in the Prenzlauer Berg neighbourhood between Storkower and Greifswalder Street before moving to their property in Erkner in the Freiligrathstrasse after retirement. Harry Leupold felt at home in the GDR – the inner German wall felt like a safe shelter for him. When his son was arrested by the State Security in 1982 and left for West Berlin in 1986, a world collapsed for him. In 1989 he experienced the fall of the Berlin Wall. DEFA, his second home, cancelled all his contracts in 1991, and at the age of 62 he had to vacate his long-standing studio in the DEFA Studio for Feature Films in Babelsberg before he could retire. The fear that had overshadowed his youth returned. ml