Persönliches

Harry Leupold wuchs in Dresden Neustadt auf. Er besuchte bis zur deren Schließung die Jüdische Schule nahe der Brühlschen Terrasse am Altstadtufer. Sein Vater Alfred Leupold (*1894) wurde 1942 in Tschechien im Zuge der Euthaniegesetzgebung durch die Nazi umgebracht.

Harry wurde der Vertraute seiner Mutter Linda (*1901 †1982) und übernahm die Versorgerrolle für seine Mutter, die als Putzmacherin ein sehr geringes Einkommen erhielt, und zwei jüngeren Brüder, Hans (*1929 †2017) und Aron (* 1934), der 1947 in Bad Schandau in der Elbe an Herzschlag starb. Viele jüdische Familienangehörige waren in Konzentrationslager nach Auschwitz und Sachsenhausen verschleppt worden. Die für den 14. Februar 1945 anberaumte Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt für die drei Brüder und ihre Mutter wurde durch die Bombenangriffe der Royal Air Force und US Air Force am 13. Februar 1945 verhindert, da das Dresdener Gestapo-Gebäude einen Volltreffer erhielt und viele Unterlagen verbrannten. Harry wurde noch kurz vor Kriegsende 16 jährig zum Volkssturm nach Karlovy Vary (damals Karlsbad) zum Kampf gegen sowjetische Panzereinheiten eingezogen. Er desertierte und lief nachts allein zu Fuß zurück in die fast 200 Kilometer entfernte, ausgebombte Heimatstadt Dresden. Nach Kriegsende kam Harrys langjähriger Jugendfreund aus der Nachbarschaft in der Neustadt, Wolfgang Andrechs, in einem Arbeitslager in Russland um.
Eine der glücklichsten Zeiten Harrys jugendlichen Leben war die Zeit der „Walze“ nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Er wanderte mit seinem gleichnamigen Freund Harry 1948 von Kap Arkona bis zum Bodensee, wo er bei der Malerfirma Leonhards auf der Insel Reichenau als Geselle längere Zeit arbeitete. Der Familie Leonards blieb er zeitlebens in Freundschaft verbunden, auch wenn die Teilung Deutschlands von 1961 bis 1989 nur einseitige Besuche zuließ.
Am 17. Juni 1953 bestand Harry an der Kunsthochschule in Berlin Weißensee die Aufnahmeprüfung und studierte Bühnenbild bei Professor Heinrich Kilger. Zu seinen Kommiltonen gehörten unter anderem der Bühnenbildner Horst Sagert sowie der Grafiker und Illustrator Horst Hussel. Das Zeichnen lag Harry, insbesondere perspektivische Darstellungen für Bühne und Spielräume. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Bühnenbildner für das Theater der Stadt Brandenburg und das Staatstheater Schwerin begann er seine Arbeit als Filmszenenbildner der DEFA, zunächst als Assistent für Alfred Hirschmeier bevor er eigenständig Film übernahm. Eine künstlerische Nähe fühlte er vorallem zu neorealistischen Filmen, wie Fahrraddiebe (Regie: de Sica) und La Strada (Regie: Fellini), welche sich realitätsnah und sozialkritisch den Geschichten der Menschen gerade auch aus ärmeren Schichten widmeten. Die Szenenbilder sollten Spuren des „gelebten Lebens“ (Zitat Harry Leupold) aufweisen. Seine Vorliebe galt den Farben der italienischen Künstler: Pompejanisch Rot und Siena Braun gehörten dazu.
In der Hochschule in Weißensee lernte er die Modestudentin Willfriede Lotz (*1922 †2012) aus Lübtheen kennen, sie heirateten 1958 und bekamen drei Kinder: Matthias, *1959 (www.matthiasleupold.com), Christiane und Mirjam, Zwillinge *1962. Fast fünfzig Jahre lebten sie im Prenzlauer Berg im Kiez zwischen Schönhauser, Storkower und Greifswalder Straße bevor sie als Rentner auf ihr Grundstück nach Erkner in die Freiligrathstraße zogen. Harry Leupold fühlte sich in der DDR zu Hause – die innerdeutsche Mauer fühlte sich für ihn wie ein sicherer Schutz an. Politisch stand er bis 1946 der Sozialdemokratie nahe und war dann Mitglied der SED, und PDS. Er engagierte sich in der Gewerkschaft für kollegiale Belange und nahm regelmäßig an den Übungen der Kampfgruppe der DEFA teil.
1982 wurde seinSohn Matthias 1982 von Ministerium für Staatssicherheit der DDR verhaftet. Er siedelte legal 1986 nach Westberlin über. Trotz bestehender Verbote traf sich Harry mit ihm mehrfach bei Dienstreisen ins „nichtsozialistische Ausland“ u.a. in Bern, Westberlin und Hamburg.
Als 1989 die innerdeutsche Mauer fiel, brach für Harry eine Welt zusammen. Das DEFA-Studio, seine zweite Heimat, löste 1991 viele Verträge, auch Harrys, bevor es 1992 verkauft wurde. 62jährig musste Harry Leupold sein langjähriges Atelier im DEFA-Studio für Spielfilme in Babelsberg kurz vor Renteneintritt räumen. Die Angst und Unsicherheit, die seine Jugend überschattet hatten, kehrten zurück. ml

Bildunterschrift: Familie Leupold, 1944 Dresden Neustadt, Alaunplatz, v.l.n.r. Harry (*1928 †2013), Linda (*1901 †1981), Aron (*1934 †1947), Hans (*1929 †2017)

Harry Leupold grew up in Dresden Neustadt. Until its closure, he was educated at the Jewish School near the Brühlsche Terrasse on the banks of the Old Town. His father Alfred Leupold (*1894) was murdered in Czechia 1942 as part of the Nazi euthanasia program. Harry became the confidant of his mother Linda (1901-1982) and took over the role of provider for his two younger brothers, the youngest of whom, Aron, died of a heart attack in 1947 in Bad Schandau in the Elbe. Other family members had been deported to concentration camps (Auschwitz und Sachsenhausen). Harry’s longtime childhood friend from the neighbourhood was Wolfgang Andrechs, who died in Russia after the war. One of the happiest periods of Harry’s youth were his „journeyman years“ after the end of the Second World War. In 1948 he hiked with his friend of the same name Harry from Cape Arkona to Lake Constance, where he worked as a journeyman for a long time at Leonhard’s painting company on the island of Reichenau. He remained a lifelong friend of the Leonards family, even though the limited travel opportunities after the division of Germany from 1961 to 1989 allowed only one-way visits. On 17th June 1953 Harry passed the entrance examination at the Berlin Weißensee Art Academy and studied stage design. Drawing was his speciality, especially perspective representations for stage and playrooms. He was particularly attracted to neo-realist films such as Bicycle Thieves (directed by de Sica) and La Strada (directed by Fellini) and the colours of Italian artists: Pompeian red and Siena brown were among them. Here he met the fashion student Willfriede Lotz (1922-2012) from Lübtheen, they got married in 1958 and had three children: Matthias *1959 (www.matthiasleupold.com), Christiane and Mirjam, twins *1962. They lived for almost fifty years in the Prenzlauer Berg neighbourhood between Storkower and Greifswalder Street before moving to their property in Erkner in the Freiligrathstrasse after retirement. Harry Leupold felt at home in the GDR – the inner German wall felt like a safe shelter for him. When his son was arrested by the State Security in 1982 and left for West Berlin in 1986, a world collapsed for him. In 1989 he experienced the fall of the Berlin Wall. DEFA, his second home, cancelled all his contracts in 1991, and at the age of 62 he had to vacate his long-standing studio in the DEFA Studio for Feature Films in Babelsberg before he could retire. The fear that had overshadowed his youth returned. ml